Bewertung von Ferienimmobilien

Bewertung von Ferienimmobilien

Sonntag, Dezember 1, 2024

Ferienimmobilien gewinnen sowohl bei privaten Investoren als auch institutionellen Anlegern zunehmend an Bedeutung. Sie verbinden wirtschaftliche Aspekte mit emotionalen Werten, da sie häufig zur Eigennutzung und als Einkommensquelle durch Vermietung dienen. Besonders in touristischen Hotspots wie den ostfriesischen Inseln, der Ostseeküste oder alpinen Regionen sind Ferienhäuser und -wohnungen begehrte Objekte. Laut Kleiber (2020) stellen Ferienimmobilien jedoch eine besondere Herausforderung für die Bewertung dar, da sie durch saisonale Einnahmen, eingeschränkte Nutzbarkeit und regionale Marktspezifika geprägt sind. Anders als klassische Wohnimmobilien müssen hier sowohl wirtschaftliche Erträge als auch emotionale Faktoren berücksichtigt werden. Die Bewertung solcher Immobilien erfordert eine differenzierte Methodik, die sowohl die individuellen Eigenschaften der Immobilie als auch die Besonderheiten des Marktes und der rechtlichen Rahmenbedingungen berücksichtigt. Ziel dieser Ausarbeitung ist es, eine systematische Herangehensweise an die Bewertung von Ferienimmobilien darzustellen. Dabei werden sowohl etablierte Bewertungsverfahren als auch innovative Ansätze wie die Integration digitaler Technologien und Nachhaltigkeitskriterien beleuchtet. Mit einer fundierten Analyse lassen sich die komplexen Anforderungen an die Wertermittlung solcher Objekte bewältigen und fundierte Ergebnisse erzielen.

Marktentwicklung und Standortfaktoren

Die Nachfrage nach Ferienimmobilien ist in Deutschland und Europa in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Neben klassischen Ferienregionen wie der Nord- und Ostseeküste erleben auch weniger bekannte Gebiete wie die Mecklenburgische Seenplatte oder die Uckermark einen Nachfrageboom. Laut Kleiber (2020) wird die Attraktivität von Ferienimmobilien maßgeblich durch die Lage bestimmt, die wiederum von Faktoren wie der Erreichbarkeit, der Infrastruktur und der touristischen Attraktivität beeinflusst wird. Auf den ostfriesischen Inseln beispielsweise sind die Preise aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit von Bauland und der hohen Nachfrage nach wie vor überdurchschnittlich hoch. Quadratmeterpreise von über 15.000 Euro auf Juist oder Norderney übersteigen sogar die Spitzenpreise in deutschen Großstädten. Standortfaktoren wie die Nähe zum Wasser, die Aussicht, die Entfernung zu touristischen Attraktionen und die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr sind wesentliche Einflussgrößen für die Marktgängigkeit und den Verkehrswert einer Ferienimmobilie. Ebenso spielen die Qualität der Umgebung und die Freizeitmöglichkeiten eine zentrale Rolle, da sie direkt mit der Vermietbarkeit und der Höhe der erzielbaren Mieteinnahmen korrelieren. Kleiber (2020) betont, dass Ferienimmobilien in gut erschlossenen Regionen mit einer starken touristischen Nachfrage deutlich stabilere Wertentwicklungen aufweisen als Objekte in Randlagen oder weniger frequentierten Gebieten.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Ferienimmobilien unterliegen oft spezifischen rechtlichen Vorgaben, die ihre Nutzung und Vermarktung einschränken können. In touristisch geprägten Regionen wie den Nord- und Ostseeinseln oder alpinen Gebieten sind häufig strenge Bebauungspläne und Nutzungseinschränkungen zu beachten. Laut Kleiber (2020) beeinflussen solche rechtlichen Rahmenbedingungen die Nutzbarkeit und damit auch den Marktwert einer Immobilie erheblich. In einigen Gemeinden ist beispielsweise nur eine reine Feriennutzung erlaubt, was eine dauerhafte Wohnnutzung ausschließt und damit die Flexibilität des Eigentümers einschränkt. Weitere Einschränkungen ergeben sich durch Umweltauflagen, die in Naturschutzgebieten oder an Küstenregionen gelten. Solche Regelungen können die Bebauung, die bauliche Erweiterung oder die Nutzung einer Ferienimmobilie erheblich beeinflussen. Ein besonderes rechtliches Risiko ergibt sich aus der Möglichkeit, dass lokale Behörden Zweckentfremdungsverbote erlassen, die die Vermietung von Wohnraum an Touristen untersagen. Solche Regelungen sind bereits in Städten wie Berlin oder Hamburg eingeführt worden und könnten in Zukunft auch auf Ferienregionen ausgeweitet werden. In der Bewertungspraxis müssen daher alle rechtlichen Vorgaben sorgfältig geprüft und dokumentiert werden, um eine realistische Einschätzung der Nutzungsmöglichkeiten und des Verkehrswerts zu gewährleisten.

Besonderheiten der Nutzung und Ertragsanalyse

Ferienimmobilien zeichnen sich durch spezifische Nutzungs- und Ertragsmodelle aus, die sie von klassischen Wohnimmobilien unterscheiden. Die Vermietbarkeit ist oft saisonabhängig, da Ferienwohnungen in Sommer- oder Wintersportregionen während der Hauptsaison hohe Einnahmen erzielen, in der Nebensaison jedoch häufig Leerstände aufweisen. Kleiber (2020) betont, dass die Nachhaltigkeit der Einnahmen ein zentraler Aspekt bei der Bewertung ist. Der Rohertrag muss daher auf Grundlage realistischer Annahmen über die Auslastung in Haupt-, Neben- und Zwischensaison berechnet werden. Ein weiteres Spezifikum von Ferienimmobilien sind die erhöhten Betriebskosten, die durch regelmäßige Instandhaltung, Reinigung und Verwaltung entstehen. Diese Kosten können bis zu 50 % der Bruttomieteinnahmen ausmachen und müssen bei der Ermittlung des Reinertrags berücksichtigt werden. In der Bewertungspraxis wird häufig ein Abschlag für die Saisonalität vorgenommen, um die Unsicherheit über zukünftige Einnahmen zu reflektieren. Die zunehmende Integration von Online-Plattformen wie Airbnb oder FeWo-direkt hat die Vermietbarkeit von Ferienimmobilien zwar erleichtert, birgt jedoch auch Risiken, da sich die regulatorischen Rahmenbedingungen schnell ändern können. Kleiber (2020) hebt hervor, dass Ferienimmobilien in Regionen mit einer diversifizierten touristischen Nachfrage und stabilen Besucherzahlen langfristig attraktivere Erträge generieren können.

Anwendung der Bewertungsverfahren

Die Wertermittlung von Ferienimmobilien erfolgt typischerweise durch eine Kombination verschiedener Bewertungsverfahren, da jedes Verfahren spezifische Stärken und Schwächen aufweist. Laut Kleiber (2020) ist das Vergleichswertverfahren das bevorzugte Verfahren, da es die Marktgegebenheiten direkt widerspiegelt. In der Praxis ist dieses Verfahren jedoch oft eingeschränkt anwendbar, da Vergleichsobjekte in ausreichender Anzahl fehlen oder die Vergleichspreise nicht hinreichend dokumentiert sind. Das Ertragswertverfahren ist besonders geeignet, wenn die Ferienimmobilie als Renditeobjekt genutzt wird. Hierbei wird der Verkehrswert aus den nachhaltigen Einnahmen abgeleitet, die durch die Vermietung erzielt werden können. Dabei müssen jedoch Saisonalität, Bewirtschaftungskosten und das Mietausfallrisiko berücksichtigt werden. Das Sachwertverfahren spielt eine untergeordnete Rolle, da die besonderen Eigenschaften von Ferienimmobilien, wie die emotionale Bindung der Käufer oder der Prestigegewinn durch die Lage, nicht angemessen berücksichtigt werden können. In der Praxis wird häufig ein hybrider Ansatz gewählt, bei dem das Vergleichswert- und Ertragswertverfahren kombiniert werden, um eine umfassende Bewertung zu gewährleisten. Kleiber (2020) betont, dass die Wahl des Bewertungsverfahrens von der Nutzung und den Marktgegebenheiten abhängig gemacht werden sollte.

Praxisbeispiel: Ferienwohnung in einer Küstenregion

Eine Ferienwohnung an der Ostseeküste mit einer Wohnfläche von 65 m² und direktem Meerblick wurde nach dem Ertragswertverfahren bewertet. Die jährlichen Roherträge wurden auf Basis der Vermietungserlöse in Haupt- und Nebensaison mit 14.500 Euro berechnet. Abzüglich der Bewirtschaftungskosten von 45 % ergab sich ein nachhaltiger Reinertrag von 7.975 Euro. Mit einem Liegenschaftszinssatz von 4,5 % und einer Restnutzungsdauer von 30 Jahren wurde ein Verkehrswert von 177.000 Euro ermittelt. Der Vergleichswert lag in der Region bei durchschnittlich 2.800 Euro pro Quadratmeter, was einen Vergleichswert von 182.000 Euro für die Wohnung ergab. Die Bewertung zeigte, dass der emotionale Mehrwert durch die Lage und der stabile touristische Markt entscheidend für die Attraktivität der Immobilie waren.

Fazit

Die Bewertung von Ferienimmobilien ist eine anspruchsvolle, aber auch lohnende Aufgabe, die eine interdisziplinäre Herangehensweise erfordert. Neben den klassischen Bewertungsparametern wie Standort, Gebäudezustand und Nutzungsmöglichkeiten müssen auch spezifische Faktoren wie Saisonalität, Ertragsrisiken und rechtliche Rahmenbedingungen berücksichtigt werden. Laut Kleiber (2020) bieten Ferienimmobilien in stabilen Märkten eine attraktive Wertentwicklung, erfordern jedoch eine sorgfältige Analyse aller relevanten Einflussfaktoren. Mit der Integration moderner Technologien, wie GIS-gestützter Standortanalysen oder digitaler Ertragsmodelle, und einem Fokus auf Nachhaltigkeit können die Herausforderungen der Wertermittlung effektiv gemeistert werden. Ferienimmobilien sind nicht nur ein wirtschaftlich interessantes Investment, sondern auch ein Beitrag zur Förderung des lokalen Tourismus und der regionalen Wertschöpfung.

Quellen

Kleiber, W.: Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 6. Auflage, Bundesanzeiger Verlag, Köln, 2020.

Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV), 2021..

Sommer, Piehler: „Besondere Liegenschaften – Wohnungs- und Teileigentum“, Haufe Verlag,

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