Bewertung von Baumärkten

Bewertung von Baumärkten

Sonntag, Dezember 1, 2024

Die Bewertung von Baumärkten stellt eine besonders anspruchsvolle Aufgabe innerhalb der Immobilienbewertung dar, da diese Immobilienkategorie durch spezifische Anforderungen an Bauweise, Standort und Nutzungsmöglichkeiten geprägt ist. Baumärkte sind ein unverzichtbarer Bestandteil der Einzelhandelslandschaft und werden vor allem durch ihre Größe, ihren Flächenbedarf und ihre begrenzte Drittverwendungsfähigkeit charakterisiert. Laut Kleiber (2020) sind Einzelhandelsimmobilien wie Baumärkte maßgeblich durch ihre Standortspezifik geprägt, was bedeutet, dass der wirtschaftliche Erfolg eines Baumarktes in hohem Maße von dessen Lage, Verkehrserschließung und Einzugsgebiet abhängt. Mit Verkaufsflächen zwischen 5.000 und 15.000 Quadratmetern sowie einem steigenden Bedarf an Logistik- und Parkflächen erfordern Baumärkte eine besonders sorgfältige Standortanalyse. Neben den klassischen Bewertungskriterien, wie Bodenwert und Gebäudesubstanz, gewinnen auch Aspekte wie Nachhaltigkeit und Anpassungsfähigkeit an neue Nutzungstrends an Bedeutung. So sind Drive-in-Konzepte und Online-Abholstationen mittlerweile wesentliche Bestandteile moderner Baumärkte, die nicht nur die Kundenzufriedenheit erhöhen, sondern auch die Flächenproduktivität steigern. Ziel dieses Artikels ist es, die wesentlichen Bewertungsansätze und Parameter zu erläutern, die bei der Wertermittlung von Baumärkten eine Rolle spielen. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf den rechtlichen Rahmenbedingungen, der Nutzung spezifischer Bewertungsverfahren und der Integration innovativer Ansätze wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Mit einer interdisziplinären Herangehensweise können die Herausforderungen bei der Bewertung von Baumärkten bewältigt und fundierte Ergebnisse erzielt werden, die sowohl Investoren als auch Gutachtern als Entscheidungsgrundlage dienen.

Marktanalyse und strategische Ausrichtung

Die Baumarktbranche in Deutschland wird von wenigen großen Unternehmen dominiert, darunter OBI, Bauhaus und Hornbach, die sich durch ihre starke Marktpräsenz und ihre strategischen Standortentscheidungen auszeichnen. Der DIY-Markt (Do-it-yourself) ist seit Jahren ein stabiler und wachsender Sektor des Einzelhandels, der durch eine anhaltend hohe Nachfrage nach Heimwerkerprodukten und Gartenzubehör gekennzeichnet ist. Wie Kleiber (2020) darlegt, beeinflussen makroökonomische Faktoren wie die Bevölkerungsentwicklung, das verfügbare Einkommen und die regionalen Kaufkraftindizes maßgeblich die Standortwahl und Rentabilität solcher Immobilien. Baumärkte benötigen ein großes Einzugsgebiet mit mindestens 50.000 bis 100.000 Einwohnern in einem Radius von 20 Kilometern, um nachhaltig erfolgreich zu sein. Die Standorte liegen häufig in Randlagen oder Gewerbegebieten, wo ausreichend große Grundstücke zu moderaten Preisen verfügbar sind. Gleichzeitig beeinflusst die Verkehrsanbindung – insbesondere die Nähe zu Autobahnen und Hauptverkehrsachsen – die Attraktivität eines Standorts erheblich. Der Trend zur Verknüpfung von stationärem Handel und Online-Angeboten hat auch die Anforderungen an Baumärkte verändert. Moderne Baumärkte integrieren zunehmend Drive-in-Stationen und Abholservices, um Kunden eine nahtlose Verbindung zwischen Online-Bestellungen und persönlichem Einkaufserlebnis zu bieten. Diese Trends sind nicht nur ein Indikator für die Anpassungsfähigkeit der Branche, sondern haben auch direkte Auswirkungen auf die Flächenanforderungen und die Ertragskalkulation, die bei der Bewertung solcher Immobilien berücksichtigt werden müssen. Meyer (2013) betont zudem, dass Baumärkte als langfristige Investitionsobjekte betrachtet werden, da sie stabile Mieterträge generieren und durch langfristige Mietverträge mit bonitätsstarken Betreibern abgesichert sind.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Baumärkte sind ein zentraler Aspekt bei deren Bewertung, da sie die Nutzbarkeit und Rentabilität solcher Immobilien direkt beeinflussen. In Deutschland unterliegen Baumärkte als großflächige Einzelhandelsimmobilien spezifischen Vorschriften des Baugesetzbuches (BauGB) und der Baunutzungsverordnung (BauNVO). Gemäß § 11 BauNVO sind großflächige Einzelhandelsbetriebe wie Baumärkte nur in bestimmten Baugebieten zulässig, darunter Gewerbe- und Kerngebiete sowie speziell ausgewiesene Sondergebiete. Kleiber (2020) hebt hervor, dass die baurechtlichen Vorgaben erhebliche Auswirkungen auf die Bodenwerte und die Ertragschancen eines Objekts haben können, insbesondere wenn Nutzungseinschränkungen oder zusätzliche Auflagen wie Umweltverträglichkeitsprüfungen vorgeschrieben sind. Für Flächen ab 5.000 Quadratmetern ist beispielsweise eine umfassende Prüfung der ökologischen Auswirkungen erforderlich, die die Genehmigungsprozesse verlängern und die Kosten erhöhen kann. Darüber hinaus beeinflussen regionale Bebauungspläne die Gestaltungsmöglichkeiten erheblich, etwa durch Vorgaben zur maximalen Bebauungshöhe oder zur Anzahl der erforderlichen Parkplätze. Diese rechtlichen Rahmenbedingungen müssen nicht nur bei der Standortwahl, sondern auch bei der Wertermittlung berücksichtigt werden, da sie die Nutzungsflexibilität und die potenziellen Erträge eines Baumarktes maßgeblich beeinflussen. Zudem sind im Rahmen des Denkmalschutzes besondere Herausforderungen denkbar, falls sich ein Baumarkt in der Nähe eines geschützten Gebäudes oder Gebiets befindet. Die Einhaltung solcher Auflagen kann zu zusätzlichen Kosten führen, die in die Bewertung einfließen müssen. Insgesamt erfordert die rechtliche Analyse eine enge Zusammenarbeit zwischen Gutachtern, Investoren und Planungsbehörden, um alle relevanten Parameter frühzeitig zu identifizieren und in die Bewertung zu integrieren.

Bewertung nach normierten Verfahren

Die Bewertung von Baumärkten erfolgt primär nach dem Ertragswertverfahren, da diese Immobilienkategorie typischerweise als Renditeobjekte betrachtet wird. Dabei spielt die langfristige Vermietbarkeit an bonitätsstarke Betreiber eine zentrale Rolle. Laut Kleiber (2020) sind bei der Anwendung des Ertragswertverfahrens mehrere spezifische Parameter zu berücksichtigen, die die Rentabilität und die langfristige Wertentwicklung beeinflussen. Der Jahresrohertrag wird auf Grundlage der marktüblichen Mieten ermittelt, die je nach Standort und Qualität zwischen 3 und 12 Euro pro Quadratmeter liegen können. Abzüglich der Bewirtschaftungskosten, die für Baumärkte aufgrund ihrer Größe und Komplexität bei etwa 10 bis 15 % des Rohertrags liegen, ergibt sich der Jahresreinertrag. Dieser wird mit einem Liegenschaftszinssatz kapitalisiert, der üblicherweise zwischen 6 und 8,5 % liegt und von Faktoren wie Standortattraktivität, Mietvertragslaufzeit und Bonität des Mieters abhängt. Die Restnutzungsdauer spielt eine entscheidende Rolle, da Baumärkte aufgrund ihrer spezifischen Bauweise (Stahlbetonskelettkonstruktionen) eine begrenzte Lebensdauer von 10 bis 30 Jahren aufweisen. Nach Ablauf der Mietverträge sind häufig kostenintensive Modernisierungen erforderlich, um die Immobilie weiterhin wirtschaftlich nutzen zu können. Das Sachwertverfahren wird bei der Bewertung von Baumärkten häufig ergänzend herangezogen, insbesondere zur Plausibilisierung der Ergebnisse. Hierbei werden die Herstellungskosten der baulichen Anlagen, die Baunebenkosten sowie die Wertminderung durch Alter und Abnutzung berücksichtigt. Das Vergleichswertverfahren ist aufgrund der Individualität von Baumärkten und der begrenzten Anzahl vergleichbarer Transaktionen in der Praxis selten anwendbar. Dennoch können regionale Marktanalysen und Vergleichsobjekte wertvolle Hinweise für die Plausibilisierung der Ergebnisse liefern. Insgesamt zeigt sich, dass die Bewertung von Baumärkten eine detaillierte Analyse aller relevanten Einflussfaktoren erfordert, um realistische und marktorientierte Ergebnisse zu erzielen.

Praxisbeispiel: Baumarkt in einer Metropolregion

Ein Baumarkt mit einer Grundstücksfläche von 25.000 m² und einer Verkaufsfläche von 8.000 m² wurde nach dem Ertragswertverfahren bewertet. Der Standort lag in einer Metropolregion mit einem Einzugsgebiet von 150.000 Einwohnern und guter Verkehrsanbindung. Der Bodenwert wurde mit 1,5 Millionen Euro bei einem Bodenrichtwert von 60 Euro pro Quadratmeter ermittelt. Die jährlichen Mieteinnahmen beliefen sich auf 720.000 Euro, basierend auf einer durchschnittlichen Kaltmiete von 7,50 Euro pro Quadratmeter. Die Bewirtschaftungskosten wurden mit 10 % des Rohertrags (72.000 Euro) angesetzt. Mit einem Liegenschaftszinssatz von 6,5 % und einer Restnutzungsdauer von 20 Jahren ergab sich ein Ertragswert der baulichen Anlagen von 8 Millionen Euro. Zusammen mit dem Bodenwert wurde der Verkehrswert des Objekts auf 9,5 Millionen Euro geschätzt. Die Bewertung berücksichtigte auch den merkantilen Minderwert von 5 %, der sich aus den spezifischen Nutzungseinschränkungen und den erwarteten Instandhaltungskosten ergab.

Fazit

Die Bewertung von Baumärkten ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die eine interdisziplinäre Herangehensweise erfordert. Besonderheiten wie die Großflächigkeit, die baurechtlichen Vorgaben und die eingeschränkte Drittverwendungsfähigkeit machen Baumärkte zu herausfordernden, aber auch attraktiven Bewertungsobjekten. Laut Kleiber (2020) ist eine fundierte Analyse aller relevanten Einflussfaktoren, einschließlich Standort, Gebäudebeschaffenheit und Mietstruktur, entscheidend, um realistische und marktorientierte Ergebnisse zu erzielen. Mit der Integration moderner Technologien und nachhaltiger Ansätze können die Herausforderungen der Branche bewältigt und die Attraktivität dieser Immobilien gesteigert werden.

Quellen

Kleiber, W.: Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 6. Auflage, Bundesanzeiger Verlag, Köln, 2020

HypZert e.V.: „Studie Bewertung von Einzelhandelsimmobilien“, Berlin, 2009.

Baugesetzbuch (BauGB), Baunutzungsverordnung (BauNVO), Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV).

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